Boost your grammar – mit Kongruenz

Laut Duden bedeutet das Wort «Kongruenz» Gleichheit, Symmetrie, Übereinstimmung. Kongruente Verhältnisse kennen wir insbesondere von der Mathematik: Zwei geometrische Formen sind kongruent, wenn sie deckungsgleich sind. Etwas weniger bekannt ist die linguistische Kongruenz – auch wenn sie für eine grammatische Schreib- und Sprechweise unverzichtbar ist.

Aber was steckt hinter der sprachwissenschaftlichen Kongruenz? Und wie stellen wir sie her? Eine der wichtigsten Verbindungen in einem Satz ist diejenige zwischen Subjekt und Verb. Kongruent sind diese beiden Satzteile, wenn sie im Numerus (Singular, Plural) und in der Person (ich, du, er/sie, wir, ihr, sie) übereinstimmen.

Zumeist fällt uns das ganz leicht: Die Kinder sind laut. Oder: Die Frau hat Durst. Einmal sind die Kinder in der dritten Person Plural laut, einmal hat die Frau in der dritten Person Singular Durst. Auch bei Und-Verbindungen mit mehrteiligen Subjekten – Mein Bruder und seine Freunde sind in Urlaub gefahren. – kommen wir noch nicht ins Schwitzen. Verzwickter wird es bei folgenden Fällen:

Kein/e, jede/r, manche/r

Wenn Subjektteile mit kein/e, jede/r oder manche/r ergänzt sind, verschiebt sich der Akzent. Nun geht es verstärkt um den/die einzelne/n und weniger um das plurale Subjekt. Deshalb kommt hier normalerweise der Singular zum Zug:

  • Kein Schüler und keine Lehrerin ist mehr im Schulhaus.
  • Jeder Bürger und jede Bürgerin kann wählen gehen.
  • Mancher Bodybuilder und mancher Leichtathlet ist gedopt.

Sowohl – als auch, nicht nur – sondern auch, entweder – oder / beziehungsweise, weder – noch

Mit solchen Konjunktionen verbundene Subjekte sind alle mehrteilig. Und dennoch – gängiger ist in diesen Fällen der Singular, weil wiederum der Fokus auf den/die einzelne/n rückt:

  • Sowohl Peter als auch Klara findet das lächerlich.
  • Nicht nur meine Mutter, sondern auch mein Vater ist schlank.
  • Entweder er oder sie hat gelogen. / Er beziehungsweise sie hat gelogen.
  • Weder der General noch der Präsident wusste eine Antwort.

Und was, wenn ein Subjektteil im Plural steht? Dann orientiert sich das Verb an dem Teil, dem es am nächsten steht:

  • Sowohl das Kind als auch seine Eltern sind intelligent.
  • Nicht nur der Vogel, auch die Katzen sind nass geworden.
  • Entweder die Jollen oder der Schwimmer muss weichen.
  • Weder die Polizistinnen noch der Demonstrant war gewalttätig.

Zugegeben: Obige Darstellungen sind etwas vereinfacht. Bei weder – noch zum Beispiel sind auch Pluralbildungen korrekt. Oftmals kommt es zudem darauf an, ob das Subjekt dem Verb vorausgeht oder folgt. Im ersten Fall ist der Plural häufiger, im zweiten Fall der Singular:

  • Weder der Polizist noch die Staatsanwältin wussten Bescheid.
  • Bescheid wusste weder der Polizist noch die Staatsanwältin.

Unterschiedliche Personen

Oft setzen sich mehrteilige Subjekte aus verschiedenen Personen zusammen. Mit etwas kombinatorischem Gespür nimmt man aber auch diese grammatische Hürde. Und eigentlich ist es gar nicht so schwer: Ist die erste Person im Spiel, so verwenden wir immer die erste Person Plural.

  • Ich und du (= wir) sind ein Dreamteam.
  • Sowohl ihr als auch ich (= wir) haben Nudeln gegessen.
  • Nicht nur ihr, sondern auch wir (= wir) sind gute Schüler.
  • Weder ich noch du (= wir) sind gross.
  • Ich und er (= wir) sind Geschwister.
  • Sowohl sie als auch ich (= wir) freuen uns.
  • Nicht nur sie, sondern auch wir (= wir) reisen gerne.
  • Weder ich noch er (= wir) sind müde.

Trifft eine zweite Person auf eine dritte, so steht das Verb stets in der zweiten Person Plural:

  • Du und er (= ihr) seid aus Deutschland.
  • Sowohl sie als auch du (= ihr) habt Glück.
  • Nicht nur sie, sondern auch ihr (= ihr) müsst lachen.
  • Weder du noch er (= ihr) kommt morgen.

Bei Oder-Verbindungen ist es üblicher, das Verb an dem Satzteil auszurichten, dem es am nächsten steht:

  • Ich oder du bist wahnsinnig.
  • Sie beziehungsweise ich rede.
  • Entweder sie oder wir sind da.

Eleganter ist es aber, solche Konstruktionen mit zusätzlichen Pronomina zu umschiffen:

  • Ich oder du, einer ist wahnsinnig.
  • Jemand, sie beziehungsweise ich, redet.
  • Entweder sie oder wir, jemand von uns ist da.

Kasus-Kongruenz bei Appositionen

Neben der Subjekt-Verb-Beziehung gibt es die Subjekt-Subjekt-Beziehung – etwa in Appositionen. Hier sind die Satzteile kongruent zueinander, wenn sie im Kasus (Nominativ und Co.) übereinstimmen. Aber halt. Was ist überhaupt eine Apposition? Appositionen sind substantivische Zusätze, die ein Substantiv näher definieren: Meine Mutter, eine aufgeweckte Person, ist nie um eine Antwort verlegen.

In aller Regel teilen sich Appositionen den Kasus mit den Substantiven, denen sie beigestellt sind:

  • Herr Müller, der Direktor, verliert seinen Job.
  • Für Herrn Müller, den Direktor, ist die Kündigung schmerzhaft.
  • Mit Herrn Müller, dem Direktor, verliert die Firma einen langjährigen Mitarbeiter.
  • Die Anstellung Frau Meiers, der neuen Direktorin, wird positiv aufgenommen.

Appositionen, die ohne Artikelwort aufwarten, stehen dagegen meistens im Nominativ:

  • Für Herrn Müller, stellvertretender Direktor, ist die Kündigung schmerzhaft.
  • Mit Herrn Müller, stellvertretender Direktor, verliert die Firma einen langjährigen Mitarbeiter.
  • Die Anstellung Herrn Meiers, [neuer] Direktor, wird positiv aufgenommen.

Bei sogenannten Als- und vergleichenden Appositionen (Nominalausdrücke) im Nominativ, Akkusativ und Dativ gleichen die bestimmenden Zusätze ihren Kasus ebenfalls an:

  • Ich als dein Freund rate es dir.
  • Der Lehrer behandelt dich wie einen kleinen Jungen.
  • Du kannst mir als grosser Schwester vertrauen.
  • Die Rangierung Pauls als eines ausgezeichneten Sportlers ist schlecht.

Ist eine Als-Apposition im Genitiv allerdings artikellos, so steht sie im Nominativ:

  • Die Rangierung Pauls als ausgezeichneter Sportler ist schlecht.

Last but not least: Kongruenz im Genus

Neben der Kongruenz in Kasus, Numerus und Person gibt es nicht zuletzt die Kongruenz im Genus (maskulin, feminin). Da dieses Thema nicht nur ein grammatisches ist, sondern auch eine soziolinguistische, ja gesellschaftspolitische Dimension hat, gehört es in einen separaten Beitrag. More to come, also.