Es grassiert der Bindestrich. Immer öfter trifft man den Divis in Wörtern an, wo er eigentlich gar nicht hineingehört. Das Restaurant präsentiert sein «Tages-Menü», ein Inserat verspricht gründliche «Zahn-Pflege» und im Schwimmbad gibt es «Kinder-Preise». Was hier passiert, ist fast schon rüde. Der Bindestrich drängt sich zwischen zwei Wortkomponenten, die längst gemeinsame Sache machen. Was zusammengewachsen ist – nämlich Bestimmungs- und Grundwort –, dividiert der Bindestrich – vielmehr: der Trennstrich – einfach wieder auseinander. Ohne Anlass.
Knüppeldick kommt’s, wenn Zusammensetzungen ganz auseinandergetrieben werden. Beim «Pflege Shampoo», beim «Technologie Transfer» oder im «Nagel Studio» fehlt sogar der Bindestrich als Kitt. Dieses Wortbildungsphänomen dürfte aus dem Englischen importiert sein. Da gibt es nämlich das «cosmetic shampoo», den «technology transfer» und den «nail salon». In der deutschen Sprache sind solche Wortbildungen allerdings nach wie vor unzulässig.
Nun, was tun bei chronischer Bindestrichitis? Was tun, wenn der Spaltpilz umgeht? Die deutsche Sprache kennt hier eigentlich ein einfaches Rezept:
Zusammengesetzte Wörter werden zusammengeschrieben.
Demnach beschäftigt sich der «Viehzuchtverband» nicht nur mit «Hochlandrindern» und «Mutterkuhhaltung», sondern auch mit «Antibiotikaresistenzforschung».
So schnell lässt sich der Bindestrich aber nicht unterkriegen. Und das ist gut so. Richtig eingesetzt ist er nämlich ein Power-Tool. Es gibt sie ja, die schwerfälligen, unübersichtlichen und unschönen Zusammensetzungen. Solche Liaisons kann der Bindestrich entkrampfen. Konkret:
- Er strukturiert schwer lesbare Wörter – also Mehrfachzusammensetzungen, Zusammensetzungen mit Eigennamen oder Lehnwörtern sowie Komposita, bei denen mehrere Vokale zusammenkommen: Aus der «Antibiotikaresistenzforschung» wird so die «Antibiotikaresistenz-Forschung», aus dem «Metzlereffekt» der «Metzler-Effekt», aus der «Inputkontrolle» die «Input-Kontrolle» und aus der «Videoinstallation» die «Video-Installation». Besser, oder?
- Der Bindestrich beugt Missverständnissen vor. Denken wir an «Streikende», die das «Streik-Ende» hinauszögern oder an die «Talent-Wertung», die mit der «Tal-Entwertung» herzlich wenig gemein hat. Auch bei Mehrfachzusammensetzungen muss man indes genau hinschauen, wo man den Divis setzt: Der «Sommer-Hauswein» ist nicht das Gleiche wie der «Sommerhaus-Wein».
- Der Bindestrich ist ein Ästhet. Er beruhigt das Schriftbild, wenn drei gleiche Vokale oder Konsonanten aufeinandertreffen: Die «Hawaiiinseln» sind als «Hawaii-Inseln» reizvoller, das «Teeei» brüht als «Tee-Ei» den Darjeeling bekömmlicher und die «Balletttruppe» macht als «Ballett-Truppe» schlicht die bessere Figur.
Der Bindestrich ist für die deutsche Wortbildung mithin ein unentbehrliches Mittel. Sein Auftritt sollte aber möglichst effektvoll sein – Zusammensetzungen soll der Divis nicht mutwillig auseinanderbrechen. Schon gar nicht darf die Verbindung zwischen zusammengesetzten Wörtern gänzlich gekappt werden. Denn es gilt: Was zusammengehört, gehört zusammengeschrieben.